Wer heute die Städte in Wales erkundet wird feststellen, dass es eine große Auswahl an italienischen Cafés und Eisdielen im Land gibt. Sie sind nicht nur großartige Orte zum Kaffeetrinken und für süße Leckerein, sondern auch ein Vermächtnis unserer jahrelangen und engen Bezeihungen zu Italien - als wir einst viele italienische Auswanderer in Wales willkommen hießen, die ihr wunderbares Essen und ihre Kultur mitbrachten.
Ein Vorgeschmack auf das, was kommt
Giacomo Bracchi ist wohl der bekannteste Italiener, der einst nach Wales kam. Er baute sich ein regelrechtes Imperium an Cafés auf, so dass sein Nachname heute zum Inbegriff italienischer Eiscafés wurde. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts konnte man überall in den südwalisischen Tälern "Bracchis" finden, in denen frischer Kaffee, Fisch und Pommes serviert wurden und in denen sich Nachbarn und Freude trafen, um die lokalen Beziehungen und den Gemeinschaftsgeist zu stärken.
Die meisten italienischen Einwanderer kamen im 19. und frühen 20. Jahrhundert nach Wales und Giacomo Bracchi war einer von ihnen. Er wollte wie viele in Großbritannien ein neues Leben beginnen. Bracchi kam 1881 in London an und arbeitete zunächst als Leierkastenmann. Seinerzeit war Drehorgelschleifer in Italien ein beliebter Beruf, weshalb einige der besten Drehorgelhersteller der Welt von dort stammten.
In historischen Aufzeichnungen ist vermerkt, dass es zu dieser Zeit in den Straßen Londons nur so von italienischen Eisständen und Drehorgelspielern wimmelte, so dass Bracchi sich auf die Suche nach einem neuen "Spielfeld" machte, wo er sein Können in eine völlig neue Gegend bringen konnte. Über Newport gelangte er schließlich nach Wales und nachdem er ein paar Jahre herumgezogen war, eröffnete er sein erstes italienisches Eiscafé. Seine Ankunft in Wales fiel mit der Abstinenzbewegung zusammen, eine soziale Bewegung gegen Alkoholkonsum. Als Folge dessen wurden zu dieser Zeit eine Reihe von Abstinenz-"Bars" von Italienern eröffnet.
Bracchi hatte eine beliebte Nische gefunden und ebnete den Weg für weitere italienische Zuckerbäcker und Gastronomen, die in den kommenden Jahren nach Wales zogen und ihre eigenen Lebensmittelgeschäfte eröffneten. Neben den Eisdielen gabe es aber auch einige Familien, die mit Eiswagen durch die Straßen zogen und kleine abgelegene Orte und Gemeinden im ganzen Land mit süßen, kalten Leckereien versorgten. Südwales war plötzlich der beste Ort, um ein Gelato außerhalb von Italien zu bekommen!
Eine der bekanntesten walisischen Eismarken ist Sidoli's, die von Benedetto Sidoli Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet wurde. Benedetto Sidoli kam ebenfalls aus Bardi, dem gleichen kleinen Teil Italiens wie Giacomo Bracchi, nach Wales. Das Original Caffe Sidoli befindet sich in Ebbw Vale und serviert immer noch Eis, italienischen Kaffee und andere Snacks.
Auch heute noch gibt es eine ganze Reihe original italienische Eisdielen und Cafés im Land verteilt. Sie sind eine ungewöhnliche Erinnerung an die industrielle Vergangenheit von Wales. Ein Besuch im Rhondda Heritage Park ist immer lohnenswert - doch wenn Sie dorthin fahren, sollten Sie unbedingt im Caffe Bracchi vorbeischauen, eine Hommage an die italienischen Einwandererfamilien, die ihre Café-Kultur nach Wales brachten.
Eifrige Feinschmecker haben vielleicht schon von einigen unserer walisischen Sterneköche gehört, die italienische Wurzeln haben: Michael Bonacini und Michela Chiappa, sowie der Gastronom Giovanni Malacrino.
Musikalische Nationen
Wales und Italien teilen eine große Leidenschaft für Musik. Auch wenn Wales eher für seine Männerchöre bekannt ist, begeistern wir uns doch auch für typisch italienische Opern. Die Welsh National Opera spielt nicht nur in Wales, sondern hat auch vor internationalem Publikum und es werden regelmäßig Produktionen italienischer Komponisten wie Verdi und Puccini aufführt. In 2021 und 2022 wird die Welsh National Opera die Verdi-Trilogie, eine Reihe der beliebtesten Werke des Komponisten, aufführen. Der italienische Botschafter in Wales ist Schirmherr dieser Trilogie, auch um damit die Beziehungen zwischen unseren beiden Nationen zu vertiefen.
Und wer über walisische Opern spricht, spricht über Bryn Terfel. Der in Pant-Glas in Caernarfonshire geborene und weltweit gefeierte Bassbariton ist zu einer der bekanntesten Stimmen der internationalen Opernszene geworden - vor allem durch seine Darstellung des Scarpia in Puccinis Tosca. Unsere Opernverbindungen enden hier aber noch nicht. Die große italienische Opernsängerin des 19. Jahrhunderts, Adelina Patti, verbrachte ihre Karriere mit Auftritten in der ganzen Welt, bevor sie sich im Swansea Valley, im großartigen Craig-y-Nos Castle, zur Ruhe setzte. Sie schenkte der Stadt sogar das Wintergarten-Gebäude aus ihrem Nachlass - umbenannt in "Patti Pavilion" ist es heute einer der beliebtesten Veranstaltungsorte für Musik in Swansea.
Sportliche Rivalen
Wales und Italien treffen nicht nur in der Gruppenphase der Euro 2020 aufeinander, sondern auch regelmäßig beim Rugby. Italien nimmt seit 2000 an der jährlichen Sechs-Nationen-Meisterschaft teil und hat schon viele denkwürdige Spiele sowohl im Principality Stadium in Cardiff,als auch im Stadio Olimpico in Rom bestritten. Zwar hat sich Wales in der Regel durchgesetzt, doch konnte Italien in den Jahren 2003 und 2007 bedeutende Heimsiege erzielen.
Es gibt auch eine Reihe von walisischen Profisportlern, die italienische Wurzeln haben (wie man anhand ihrer Namen vielleicht vermuten könnte): die Boxer Joe Calzaghe und Enzo Maccarinelli, die Fußballer David D'Auria und Donato Nardiello und die Rugbyspieler Robert und Peter Sidoli.