Manche Looks sind einfach Kult: Marilyn Monroes wallendes weißes Kleid, James Bond in seinem frisch gebügelten Anzug und natürlich die traditionelle walisische Frau mit hohem schwarzen Hut und dem roten Wollschal.
Auch wenn man heutzutage auf den Straßen von Cardiff kaum noch jemanden in einem Schlafrock antrifft, ist die walisische Nationaltracht nach wie vor ein wichtiger Teil unserer Geschichte und wird jedes Jahr von Tausenden Schulkindern anlässlich der Feierlichkeiten unseres Nationalsfeiertags, dem St. David's Day, mit Stolz getragen. Aber woher kommt die Tracht eigentlich?
Stil der walisischen Nationaltracht
Die Kluft, die heute als walisische Nationaltracht gilt, basiert auf der Kleidung, die von arbeitenden Frauen in den ländlichen Gebieten von Wales im 19. Jahrhundert getragen wurde.
Der auffälligste Bestandteil ist der hohe schwarze Hut, der wie eine verlängerte Version einer traditionellen Melone aussieht. Er hat sich so sehr in der historischen Identität von Wales verankert, dass er heute einfach als „walisischer Hut“ bekannt ist. Im Gegensatz zu anderen Teilen der Nationaltracht wurde er nur in Wales getragen – wie er im 19. Jahrhundert zu einem Modetrend wurde, ist den Historikern allerdings ein Rätsel.
Diese besondere Kopfbedeckung wird in der Regel mit einem um die Schultern gelegten Schal und einem Pais a Betgwn kombiniert – einem bauschigen, petticoatähnlichen Rock (auf Walisisch Pais) und einem Kleid (auch als Nachthemd oder Betgwn bekannt – im Walisischen gibt es mehrere Schreibweisen, aber dies ist die gebräuchlichste). Das Kleid kann lang und tailliert oder kurz und weit sein, ist aber immer vorne offen.
Des Weiteren gehört zur Tracht eine Haube aus Baumwolle oder Leinen, eine Schürze und Strümpfe, die in modernen Darstellungen der Tracht meist weiß sind. Auch ein Wollmantel, der um die Schultern drapiert wird, gehört in der Regel dazu.
Haben sich die Waliser wirklich so gekleidet?
Die Kleidung ist zwar von der walisischen Landtracht des 19. Jahrhunderts inspiriert, aber die Stile wechselten im Laufe dieser Zeit – der walisische Hut kam beispielsweise erst in den 1840er Jahren auf –, so dass die Tracht, die wir heute kennen, eher eine Verschmelzung verschiedener Stile ist als eine genaue Darstellung eines Outfits, das zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte getragen wurde.
Außerdem gab es in ganz Wales keinen einheitlichen Kleidungsstil, erklärt Michael David Freeman, ehemaliger Kurator des Museums von Ceredigion und Betreiber einer Website über die walisische Tracht.
„Obwohl die meisten Kleidungsstücke in ganz Wales und darüber hinaus zu finden waren, gab es regionale Unterschiede, vor allem bei der Robe und dem Schlafrock“, sagt Michael.
„Das charakteristischste Merkmal der meisten walisischen Trachten ist, dass sie aus heimischer Wolle und nicht aus Baumwolle hergestellt wurden“, fügt er hinzu.
Heutzutage sind die Versionen des klassischen Kostüms überwiegend rot, eine Farbe, die stark mit Wales assoziiert wird, was zum Teil auf den roten Drachen (y ddraig goch) zurückzuführen ist, der unsere Nationalflagge ziert. Zeitgenössischen Berichten und Gemälden zufolge waren die Kleidungsstücke im 19. Jahrhundert jedoch häufiger blau. Die populärsten Schals der damaligen Zeit trugen ein Paisleymuster, das ursprünglich aus Kaschmir in Indien stammte.
Wie die Tracht populär wurde
Im späten 19. Jahrhundert wuchs in Wales die Angst vor einem vermeintlichen Verlust der nationalen Identität, und man glaubte, dass neben der Förderung der walisischen Sprache die Schaffung einer identifizierbaren „Nationaltracht“ etwas zur Lösung dieses Problems beitragen könnte. Zwar waren Schlafröcke und hohe Hüte zu dieser Zeit nicht mehr in Mode, doch die frühere Bekanntheit der Tracht im ganzen Land und ihre Präsenz auf Gemälden machten sie zu einem guten Kandidaten. Es brachte auch andere Vorteile mit sich, wie Michael David Freeman erklärt.
„In den 1870er Jahren gab es ein Interesse an der Erhaltung der walisischen Sprache und Kultur, und einige Angehörige des Mittelstandes waren daran interessiert, die Tracht bei besonderen Anlässen zu tragen. Dies geschah zum Teil auch, um die walisische Wollindustrie zu unterstützen“, sagt Michael.
Eine derjenigen, die die Idee einer walisischen Nationaltracht unterstützten, war Augusta Hall, eine patriotische und wohlhabende Erbin des Anwesens Llanover in Monmouthshire. Lady Llanover soll ihre Freunde und Angestellten ermutigt haben, die traditionelle walisische Kleidung zu tragen. Außerdem gewann sie 1834 einen Eisteddfod-Wettbewerb (ein jährliches walisisches Musik- und Poesiefestival) mit einem Essay über die Vorteile der Erhaltung der walisischen Sprache und der walisischen Nationaltracht – eine Auszeichnung, die sie natürlich in traditioneller walisischer Kluft entgegennahm.
Mit dem Aufkommen des Tourismus in Wales in dieser Zeit wurde auch die Tracht als Teil der walisischen Kultur festgeschrieben. Sie wurde auf Souvenirporzellan, Drucken und unzähligen Postkarten aus dieser Zeit abgebildet und galt als das offizielle Erscheinungsbild des Landes. Diese Entwicklung hat vielleicht mehr als jede andere dazu beigetragen, die Tracht in der walisischen Identität zu verankern, und hat dafür gesorgt, dass man die schwarzen Hüte und Wollschals auch heute noch bei den Feierlichkeiten zum St. David's Day in Wales am 1. März sieht..
Mehr Informationen:
Sublime Wales (von Michael David Freeman betriebene Website, die Kommentare von Wales-Touristen zur materiellen Kultur von Wales, 1700-1900, untersucht)
St Fagans National Museum of History (Teil von Amgueddfa Cymru)